Begegnung konfrontiert uns nicht selten mit der Ungewissheit. Begegnung geschieht oft im Ungefähren - zwischen Nähe und Distanz, zwischen Vertrautem und Fremdem.
Der Philosoph Jean-Luc Nancy beschreibt Begegnung als etwas, das nicht Besitz ergreift. Kein Festhalten, kein Klammern zeigt sich in echter Begegnung. Wahre Begegnung lässt los. Sie hält nicht fest, sondern öffnet.
Als Trauernde darf es uns möglich sein, den verstorbenen Menschen nicht mehr als den zu sehen, den wir kannten. Wir dürfen jenen Menschen allmählich auf neue Weise erkennen - nicht als den, der bleibt, sondern als den, der sich entzieht.
Ist Trauer nicht genau das? Ein ständiges Tasten nach dem, was war, und ein Lernen, es anders zu sehen? Begegnung wird in der Trauer zu einer Brücke - eine Brücke, die verbindet: Vergangenes und Zukünftiges, Endlichkeit und Neubeginn. Wer einem verstorbenen Menschen begegnet - in Gedanken, in Erinnerungen, in Zeichen -, begegnet auch sich selbst. Begegnung endet nicht mit dem Tod. Sie verwandelt sich.
Und so bleibt die Frage: Wie begegnen wir dem, was nicht mehr greifbar ist? Und was bedeutet es, loszulassen - nicht aus Vergessen, sondern aus Verwandlung?